Dezember /

06

/ 2018

article

ADHS, ASS, Autismus-Spektrum-Störung, Aufmerksamkeitsstörung

Aufmerksamkeitsdefizit- / Hyperaktivitätsstörungen (ADHS) und Autismusspektrumsstörungen (ASS)

Banaschewski, T., Holtmann, M., Pouska, L.

Gemäß DSM 5 kann eine Doppeldiagnose von ADHS und Autismusspektrumsstörungen vergeben werden. Bis vor wenigen Jahren gab es noch kaum Untersuchungen zum gemeinsamen Auftreten beider Störungsbilder. Nun werden Argumente vorgebracht, dass bei Autismus auch häufig eindeutige Symptome einer Aufmerksamkeitsstörung vorliegen. Eine Doppeldiagnose und ähnliche Behandlungen werden befürwortet. In einem Überblick über die bisherigen Forschungsergebnisse stellen Banaschewski et.al. fest, dass Kinder mit Autismusspektrumstörungen (ASS) eindeutige Symptome einer Aufmerksamkeitsstörung aufweisen, beispielsweise finden sich sehr oft Anzeichen von Hyperaktivität und Unaufmerksamkeit. Die aufmerksamkeitsgestörten Kinder teilen umgekehrt eine Reihe von Symptomen mit den ASS Kindern, beispielsweise eine Beeinträchtigung der Interaktion und Kommunikation, eine unzureichende Beachtung mimischer Emotionen und sozialer Situationen, sowie eine deutlich geringere Motivierbarkeit durch soziale Anreize.

Zudem zeigen Familienuntersuchungen, dass sich ASS Symptome in ADHS Familien häufen. Möglicherweise – so die Forscher – erhöhen gemeinsame Genabschnitte sowohl das Risiko für ADHS als auch für ASS. Auch in neuropsychologischen und bildgebenden Untersuchungen bestätigen sich Gemeinsamkeiten, wenn beispielsweise ähnlich geartete Regelkreise im Gehirn entdeckt werden. Insofern stellen die Autoren eine so große Schnittmenge zwischen beiden Störungen fest, dass eine Doppeldiagnose gerechtfertigt ist. Möglicherweise – so die Autoren – haben beide Störungen eine gemeinsame Grundlage.

Die Autoren plädieren dafür, dass die Aufmerksamkeitsprobleme von ASS Kindern beachtet und behandelt werden sollten. Für die Behandlung der Aufmerksamkeitsstörungen werden Psychostimulantien (Methylphenidat) und eventuell Atomexetin empfohlen. Zur Wirkung verhaltenstherapeutischer Ansätze fehlt es hingegen bis jetzt an Erfahrungen.

Kommentar
Der vorliegende Beitrag liefert klare Argumente für die Doppeldiagnose von ADHS und ASS. Insbesondere werden die Aufmerksamkeitsprobleme der autistischen Kinder hervorgehoben, die diagnostiziert und gezielt behandelt werden sollten.
Für die Behandlung kommen Methoden, die sich bereits bei ADHS bewährt haben (medikamentöse Therapie mit Psychostimulantien, Elterntraining, Schulung von Aufmerksamkeitsleistungen) in Frage.
Quelle:
Banaschewski, T., Holtmann, M., Pouska, L. (2011) Autismus und ADHS über die Lebenspanne -Differentialdiagnosen oder Komorbidität? Der Nervenarzt, 82, 573-581.