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Einbußen im Lesen und Schreiben

Ludewig, U., Kleinkorres, R., Schaufelberger, Schlitter, T., Lorenz, König, C., …McElvany, N.

März 2022 Newsletter_Einbußen im Lesen und Schreiben.pdf

Ein Forschungsteam am Institut für Schulentwicklungsforschung (IFS) der TU Dortmund hat den Stand der Lesekompetenz von Viertklässlern vor und während der Corona-Pandemie erhoben. Es sollte festgestellt werden, ob sich die durchschnittliche Lesekompetenz verringert hat.

Dazu wurden die repräsentativen Daten einer Schulpanelstudie mit insgesamt mehr als 4.000 Kindern in den Jahren 2016 und 2021 herangezogen. Die Schulkinder kamen aus 111 ausgewählten Grundschulen in Deutschland. Sie wurden im Hinblick auf Ihre Lese- und Schreibkompetenzen im Jahr 2016 und 2021 verglichen. Dazu wurden Lesetests zu den beiden Zeitpunkten durchgeführt, die eine Anzahl gemeinsamer Aufgaben enthielten. Unterschiede im Zeitverlauf werden auf Einschränkungen infolge Corona zurückgeführt.

Die Daten weisen zunächst auf eine geringere durchschnittliche Lesekompetenz im Vergleich der Jahre 2016 (1000 Punkte) und 2021 (980 Punkte) hin. Der Unterschied macht zwar „nur“ 20 Punkte aus; statistisch ist er jedoch bedeutsam. Er wird auf eine geringere Lernzeit infolge Corona zurückgeführt.
Interessanter wird es, wenn man sich die verschiedenen Leistungsgruppen anschaut:

  • Der Anteil der Grundschüler, die gut lesen und schreiben können, sinkt von 44% (2016) auf 37% (2021)
  • Der Anteil der Grundschüler, die Probleme mit dem Lesen und dem Textverständnis haben, steigt im Gegenzug von 20% (2016) auf 28% (2021)

Der Rückgang des mittleren Kompetenzniveaus betrifft alle untersuchten Schulkinder, besonders jedoch:

  • Kinder mit schlechten häuslichen Rahmenbedingungen zum Lernen – etwa kein eigener Schreibtisch und kein Internetzugang. Sie verlieren im Schnitt mit 27 Punkten stärker als Kinder mit guten Rahmenbedingungen (Punkte).
  • Kinder mit Migrationshintergrund: Der Abstand der Kinder, die im Ausland geboren sind, zu Kindern mit Deutschland als Geburtsland steigt von durchschnittlich 46 Punkten im Jahre 2016 auf durchschnittlich 63 Punkte (2021). Die Forscher veranschlagen den Abstand auf 1,5 Lernjahre.

Die Forscher schließen daraus, dass umfassende und wirksame Unterstützung und Förderung notwendig sind. Zudem sollte die Fähigkeit zum „selbstreguliertem Lernen“ systematisch in den Schulen gefördert werden.

Kommentar
Die Studie stellt ein „Quasiexperiment“ dar, in das zwei Bedingungsgrößen eingehen: a) die Einschränkung durch Corona, b) Unterschiede zwischen den Schulkindern hinsichtlich ihrer Familien/ Herkunft bzw. ihrer Vorleistungen 5 Jahre zuvor.

Im Ergebnis wirkt Corona zwar auf alle Schulkinder, besonders aber auf die Kinder in ungünstigeren sozialen Umständen und mit geringeren Vorleistungen. Sie erleiden größere Einbußen. Offensichtlich benötigen sie „direkte Anleitung“ in Form von Unterrichtung und Instruktion.

Literatur
Ludewig, U., Kleinkorres, R., Schaufelberger, R., Schlitter, T., Lorenz, R., König, C., …McElvany, N. (2022, March 15). COVID-19 Pandemic and Student Reading Achievement – Findings from a School Panel Study. https://doi.org/10.31234/osf.io/hrzae