Februar /

10

/ 2020

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Eltern-Kind-Training

Selbstständigkeitstraining für Teenager – gemeinsames Eltern-Kind-Training

Sibley, M. H., Graziano, P. A., Kuriyan, A. B., Coxe, S., Pelham, W. E., Rodriguez, L

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Eltern beklagen sehr oft eine in ihren Augen zu geringe Selbstständigkeit und Selbstdisziplin bei ihren heranwachsenden Töchtern und Söhnen. Problempunkte sind allzu oft Zeitpläne, Hausaufgaben, Leistungsbereitschaft in der Schule, Selbsthygiene, Mitarbeit im Haushalt etc. Die Eltern erwarten im Kern „größeres Verantwortungsbewusstsein“, was sie zumeist durch Appelle zu erreichen versuchen („Du 15 Jahre alt! Mach` das Mal schön alleine!“). Sibley et al. (2016, 2019) dafür ein gemeinsames Training für Eltern und ihre heranwachsenden Söhne / Töchter vorgelegt. Es soll deren Selbstständigkeit steigern. Es liegt als Manual beschrieben.

Das Training wird entweder in Gruppen von Eltern und Teenagern oder mit Eltern–Kind Paaren durchgeführt. Es will die Selbstständigkeit der Teenager in alltagspraktischer Weise verbessern. Den Jugendlichen werden organisatorische und planerische Fertigkeiten (z. B. Zeitmanagement, Schulmaterialien bereithalten, Notizen im Unterricht machen, sich auf Prüfungen in der Schule vorbereiten) vermittelt; die Eltern sollen Selbstständigkeit und Selbstverantwortung systematisch unterstützen und belohnen. Außerdem werden ihnen überwachend-regulierende Fertigkeiten (z. B. Absprachen treffen, Hausaufgabenvertrag, Eltern-Teenager-Vertrag, systematische Belohnung von Selbstständigkeit) nahegebracht. Dem Training geht ein Interview voraus, das die Motivation zur Teilnahme steigern soll.

Ergebnis: In der Überprüfung von 128 bzw. 123 Eltern-Kind Paaren erwies sich das Training im Vergleich zu einer Routinebehandlung sowie in der Anwendung bei multikulturellen Gruppen (hispanisch, afrikanisch, kaukasisch) als wirksam. Denn unmittelbar nach Trainingsende wurden Verbesserungen in der ADHS Symptomatik der Jugendlichen, bei den Hausaufgaben und bei der Selbstständigkeit der Jugendlichen festgestellt. Außerdem verringerte sich die Belastung der Eltern und die Übereinstimmung (contracting) zwischen Eltern und Jugendlichen stieg an. Nicht alle Verbesserungen hielten sich aber bis zur Nachuntersuchung. Im Vergleich zwischen einem Gruppentraining und einem Training in einzelnen Eltern-Kind-Paaren ergeben sich nur geringe Unterschiede (Sibley et al. 2019).

Kommentar:

Das Ziel des Trainings scheint sehr praktikabel, weil einerseits eine wichtiges Erziehungsziel zum Thema gemacht und andererseits ein gemeinsames Training als Methode bereitgestellt wird. Das Vorgehen erweist sich als recht erfolgreich; vor allem aber als sehr pragmatisch. Eine weitere Verbreitung wäre wünschenswert.

Im Ergebnis wird festgestellt, dass die Verbesserungen zwischen Trainingsende und Nachuntersuchung ein wenig einbrechen, was man bei der Durchführung berücksichtigen und gegensteuern sollte (z. B. Telefonkontakt oder Auffrischsitzung zwischen drin).

Sibley, M. H., Graziano, P. A., Kuriyan, A. B., Coxe, S., Pelham, W. E., Rodriguez, L., ... & Ward, A. (2016). Parent–teen behavior therapy+ motivational interviewing for adolescents with ADHD. Journal of consulting and clinical psychology, 84(8), 699.

Sibley, M. H., Rodriguez, L., Coxe, S., Page, T., & Espinal, K. (2019). Parent–Teen Group versus Dyadic Treatment for Adolescent ADHD: What Works for Whom? Journal of Clinical Child & Adolescent Psychology, 1-17.