Dezember /

06

/ 2018

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Training für Mütter mit ADHS

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Forscher aus den USA haben das Erziehungsverhalten von Müttern mit ADHS unter die Lupe genommen. Sie stellten fest, dass sie in Punkto Organisation, Planung, Aufmerksamkeit, Absprache, Gefühls- und Impulskontrolle kein Vorbild für ihre ADHS Kinder sind. Die ADHS Kinder lernen deshalb weniger gut sich selbst zu steuern. Außerdem wird die Mutter-Kind-Beziehung belastet. Aufgrund dieser Erkenntnisse wurde den Müttern ein spezielles Training angeboten, das sich in seiner Wirkung als aussichtsreich erweist.
An der Studie nahmen 70 Mutter-Kind Paare teil. Alle Kinder litten an ADHS, sie waren zwischen 6-10 Jahre alt und erhielten zu 66 % Medikamente gegen ADHS. Die Mütter wiesen mehr ADHS Symptome als die Normalbevölkerung auf.
Zuerst wurde das Erziehungsverhalten der Mütter mittels eines diagnostischen Interviews erfasst. Danach wurde die Mutter-Kind-Interaktion beim freien Spielen und bei den Hausaufgaben beobachtet und nach drei Kategorien ausgewertet: 1. Positives Erzieherverhalten wie Lob, positive Emotionen, körperliche Zuwendung 2. negatives Erzieherverhalten wie kritische Kommentare, Befehle, körperlich ablehnendes Verhalten 3. Möglichkeit des Kindes der Anweisung der Mutter überhaupt innerhalb von 5 Sekunden nachkommen zu können. Dabei wird gemessen, ob die Mutter innerhalb von 5 Sekunden ihre eigene Aussage revidiert, egal ob das Kind schon mit der Tätigkeit begonnen hat oder nicht. Und schließlich füllten sowohl die Eltern als auch die Lehrer im Vorfeld des Trainings Fragebögen zum Kindverhalten (Disruptive Behavior Checklist) aus.
Es folgte ein 5-stündiges Gruppentraining mit 6-8 Müttern. Es umfasste eine ausführliche Information über ADHS als Störungsbild bei Kindern und Erwachsenen um den Müttern ihre eigene Problematik sowie die Entwicklung der Symptomatik vom Kind ins Erwachsenenalter zu erklären. Ferner wurde ausführlich über Erziehungsmethoden (etwa Time out), effektives Anleiten, ignorieren von weniger wichtigen Sachverhalten und Konzentration auf/Verstärkung von positivem prosozialen Verhalten informiert. Somit wurde positives Erzieherverhalten dargestellt und von negativem Verhalten abgegrenzt. Mit Erinnerungstelefonaten sollte zudem erreicht werden, dass die Mütter sich an diese Inhalte erinnerten und sie umsetzten. Die Mütter, die alle Trainingssitzungen besuchten wurden mit 25 $ belohnt. Ihre Kinder konnten während der Trainingssitzungen betreut werden.
Um den Effekt zu messen, wurde nach Ende des Trainings abermals ein Interview zum Erziehungsverhalten geführt. Auch wurde anhand von Fragebögen das auffällige und störende Verhalten der Kinder zu Hause und in der Schule erfasst (siehe Pelham et al. 1992). Schließlich wurde erneut die Eltern – Kind – Interaktion beim Spielen und den Hausaufgaben beobachtet, um Veränderungen im Erziehungsverhalten der Mutter sowie Veränderungen in der Interaktion zwischen Mutter und Kind zu erfassen.
Ergebnisse: Die ADHS Kinder verringerten ihr auffälliges und störendes Verhalten. Vor dem Training wurde betrug der Mittelwert 15,4, nach der Intervention 11.0. Dieser Unterschied ist statistisch bedeutsam (p<0.001). Mütter mit einem höheren ADHS Problemscore erreichten jedoch nur abgeschwächte Effekte. Das Erziehungsverhalten der Mütter verbesserte sich zwar beim freien Spielen (p=0.004), nicht aber bei den Hausaufgaben (P=0.144). Dies verwundert nicht, da die Hausaufgaben mehr Planungskompetenz und Durchhaltevermögen des Kindes fordern und die Mütter mehr Anleitung geben müssen, während das Spielverhalten wesentlich mehr Freiraum läßt.
Kommentar: Das Erziehungsverhalten der ADHS Mütter erweist sich als problematisch, weil es weniger positiv ausgerichtet und weniger stetig angelegt ist. Infolgedessen ist eine umfassende Information über ADHS und eine Schulung Mütter nicht nur logisch, sondern geradezu geboten. Die Wirksamkeit ist ermutigend. Wünschenswert wäre eine weitreichendere Einübung des Erziehungsverhaltens, um die Übertragung auf den Erziehungsalltag zu unterstützen.

Quellen:
Chronis-Tuscano, A., O’Brien K.A., Johnston C., Jones H.A., Clarke T.L., Raggi V.L., Rooney M.E., Diaz Y., Pian J. and Seymour K.E. USA (2011). The Relation Between Maternal ADHD Symptoms & Improvement in Child Behavior Following Brief Behavioral Parent Training is Mediated by Change in Negative Parenting, Journal of Abnormal Child Psychology, 39, 1047-1057.
Bundesärztekammer (2007) Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS). Stellungnahme, herausgegeben vom Vorstand der Bundesärztekammer auf Empfehlung des Wissenschaftlichen Beirats. Köln: Deutscher Ärzte Verlag (Im Internet unter: www.aerzteverlag.de)
Pelham W.E., Gnagy, E.M., Greenslade, K.E. & Milch, R. (1992). Teacher Ratings of DSM 3 R Symptoms of the disruptive behavior disorders. Journal of the American Academy of Child and adolescent Psychiatry, 31, 210-218