Dezember /

06

/ 2018

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Was wirkt bei Erwachsenen mit ADHS besser - Psychotherapie oder Medikation? – Ergebnisse einer Metaanalyse

lauth

ADHS wurde in den letzten Jahren als eine Störung erkannt, die in ca. 30% aller Fälle bis ins Erwachsenenalter fortbesteht. Ein größerer Teil der ADHS Erwachsenen findet keine angemessene Behandlung. Dabei stellt sich aber auch gleich die Frage, welche Behandlungsform als wirksam zu empfehlen ist. Gerhard Lauth und Friedrich Linderkamp von den Universitäten Köln und Oldenburg sind dieser Frage nachgegangen und haben dabei die Studien zur Wirksamkeit von Pharmakotherapie und Psychotherapie in einer Metaanalyse zusammengefasst. Die Ergebnisse belegen eine beträchtliche Wirksamkeit von psychotherapeutischen Interventionen.
In die Analyse wurden 12 Wirksamkeitsstudien über psychotherapeutische Interventionen und 43 pharmakologische Studien einbezogen. Die psychotherapeutischen Interventionen waren alle verhaltenstheoretisch ausgerichtet, teilweise wurden die Patienten in Gruppen behandelt. Im Ergebnis wurde für die psychotherapeutischen Studien eine gewichtete Effektstärke von .84 berechnet. Dies ist ein sehr hoher Effekt. In acht Studien wurde dazu der Vorher-Nachher Vergleich in 4 Studien der Vergleich von Experimentalgruppe zur Kontrollgruppe berechnet. Laut dieser Vergleiche kann den psychotherapeutischen Interventionen eine deutliche Wirksamkeit und ein therapeutischer Nutzen bescheinigt werden. Die Maßnahmen verringern demnach sowohl die ADHS Symptomatik, als auch die Alltagsbeeinträchtigung. Die Effektstärke der pharmakologischen Studien betrug 0.44. Allerdings kann die Wirksamkeit beider Therapieformen nicht vergleichend bewertet werden, weil die psychotherapeutischen Studien eine geringere Methodenqualität aufweisen als die pharmakologischen Studien. Dennoch erscheint Psychotherapie als erfolgversprechende und wirksame Intervention.
Bewertung:
Insgesamt kann davon ausgegangen werden, dass die psychotherapeutische Intervention der pharmakologischen nicht nachsteht. Die vorliegenden Ergebnisse weisen sogar auf eine höhere Wirksamkeit hin. Diese höhere Wirksamkeit überrascht nicht wirklich, weil sich bei vielen Erwachsenen mit ADHS im Laufe ihres Lebens Leistungs- und Fähigkeitseinbußen ansammeln und ihre Lebensumstände ungünstig werden. Dementsprechend haben sie einen großen Bedarf an individueller Anleitung und Unterstützung, was eher in einer Psychotherapie oder einem Gruppentraining geleistet werden kann als über Medikation.
Erfreulich ist, dass auf Anhieb eine beachtenswerte Wirksamkeit von Psychotherapie und Gruppentraining festgestellt werden kann. Die Befundlage ist zwar noch vorläufig, gibt aber Anlass zur Hoffnung und ist Anstoß für weitere Wirksamkeitsforschungen. Beträchtlicher Bedarf besteht zudem daran, Studien über die Wirksamkeit der Kombination von Psychotherapie und pharmakologischer Behandlung durchzuführen, zumal diese Behandlungsformen häufig in Praxis kombiniert werden.
Quelle:
Lauth G., Linderkamp F. (2011). Efficacy of pharmacological versus psychotherapeutic therapies in adults with attention deficit/hyperactivity disorder. (ADHD): An empirical meta-analysis. Verhaltenstherapie, 21(4), 229-238.