Juli /

31

/ 2018

article

Kinder- und Jugendpsychotherapie, Intervention

Was wirkt in der Psychotherapie bei Kindern und Jugendlichen?

lauth

Was wirkt in der Psychotherapie bei Kindern und Jugendlichen?

Chorpita, Daleiden, Ebegutani et al. (2011) sind in einer bereits vor mehreren Jahren veröffentlichten aber immer noch lesenswerten Metaanalyse dieser Frage nachgegangen. Sie versuchten empfehlenswerte Therapiemaßnahmen für verschiedenen Störungen zu entdecken. Sie gingen also nicht davon, dass eine Maßnahme für alle Störungen wirkt, sondern dass spezielle Maßnahmen erforderlich sind.

Diese Überblicksarbeit beruht auf 435 Studien und 750 Behandlungsprotokollen aus den Jahren 1965 und 2009. Die Autoren bewerteten die einzelnen Therapiemaßnahmen anhand von fünf Einstufungen (beste Bestätigung bis keine Bestätigung) vor. Für ihre Analyse spalten sie eine Publikation in verschiedene Studien auf (Studie 1, Studie 2 etc.), die für einzelne Therapiemaßnahmen stehen (z. B. Reizkonfrontation, Diskussion von dysfunktionalen Kognitionen). Anschließend bestimmten sie, wie oft diese Therapiemaßnahme anderen Behandlungsbausteinen überlegen war und klassifizierten Wirksamkeit und Praxistauglichkeit auf 5 Ebenen bzw. in Wins/Ties (Überlegenheit oder Gleichwertigkeit mit konkurrierenden Therapiemaßnahmen). Die am besten geeigneten Therapiemaßnahmen (Bewertung mit „beste Bestätigung“ und teilweise noch mit „gute Bestätigung“) sind.

Angst und Meidungsverhalten: kognitive Verhaltenstherapie, Exposition, Verhaltensmodellierung (modeling), Psychoedukation, kognitive Verhaltenstherapie mit den Eltern
Autismus-Spektrum-Störung: Intensive Verhaltenstherapie, intensives Kommunikationstraining
ADHS und Hyperaktivität: Selbstverbalisation, Verhaltenstherapie und Medikation, Elterntraining, Sportübungen
Depression und Rückzug: kognitive Verhaltenstherapie, kognitive Verhaltenstherapie plus Medikation, kognitive Verhaltenstherapie mit Eltern
Expansive Verhaltensstörungen (disruptive behavior): Elterntraining, multisystemische Therapie, soziales Fertigkeitstraining, Elterntraining mit Problemlösetraining, Training von Kommunikationsfertigkeiten, Kontingenzmanagement, Ärgerkontrolle
Essstörungen: keine Therapieempfehlung, weil nur drei Wins/Ties
Substanzgebrauch (substance use): Familientherapie, kognitive Verhaltenstherapie
Traumatische Belastung (traumatic stress): kognitive Verhaltenstherapie mit den Eltern, kognitive Verhaltenstherapie

Kommentar: Diese Arbeit zeichnet sich dadurch aus, dass sie nicht den allgemeinen Effekt einer Therapie untersucht, sondern die einzelnen Maßnahmen innerhalb der Therapie (z. B. ein gemeinsames Störungsmodell erarbeiten). Unterschiedliche Maßnahmen werden anschließend miteinander verglichen und nach ihrem Nutzen eingestuft. Infolgedessen werden therapienahe Erkenntnisse erarbeitet. Im Ergebnis fällt auf, dass zur Therapie einzelner Störungen teilweise umfangreiche Erkenntnisse vorliegen, zu anderen nicht. Wirksame Maßnahmen richten sich einerseits mit ganz konkreten Übungen an die jungen Patienten (z. B. Selbstverbalisation), andererseits in etwas allgemeinerer Form an die Eltern (z. B. Familientherapie).

Quelle:
Chorpita, B. F., Daleiden, E. L., Ebesutani, C., Young, J., Becker, K. D., Nakamura, B. J., Phillips, L., Ward, A., Lynch, R., Smith, R.L., Okamura, K. & Smith, R. L. (2011). Evidence‐based treatments for children and adolescents: An updated review of indicators of efficacy and effectiveness. Clinical Psychology: Science and Practice, 18(2), 154-172.