September /

15

/ 2021

article

Wie entstehen dauerhafte psychische Störungen?

Supke, M., Ferling, C., Hahlweg, K., & Schulz, W

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Die vorliegende Studie geht der Frage nach, wie sich psychische Störungen zwischen dem 5. und dem 15./16. Lebensjahr entwickeln. Bleiben sie erhalten? Sind sie veränderlich? Wann ja, in welchem Umfang? In einer Längsschnittstudie gehen Supke und Kollegen (2021) dieser Frage nach.

Die Studie umfasste 230 Familien mit Kindern im Alter von rund 5 Jahren. Die Mütter waren im Durchschnitt 35 Jahre alt. Diese Personen wurden über Kindergärten angeworben, wobei eine Zufallsauswahl getroffen wurde. Nach der Child Behavior Checkliste wiesen zunächst 24 % der Kinder eine grenzwertige bzw. klinisch relevante psychische Störung auf. Gut 70 % waren unauffällig. Für die Fragestellung ist interessant, wie sich die psychischen Störungen im Laufe der nächsten 10 Jahre ändern. Hierzu wurden 5 Messungen im Abstand von etwa 2 Jahren durchgeführt.

In der Analyse unterscheiden die Forscher vier Verlaufsformen. Dabei stellten sie bei der Gruppe der psychisch beeinträchtigten Kinder folgende Entwicklungen fest:

  • Durchgehende psychische Störungen bei 15 %
  • Negative Entwicklung bei zunächst psychischer Gesundheit 4 %
  • Positive Entwicklung bei vorheriger psychischer Störung 4 %
  • Schwankende Verläufe, die durch den mindestens zweimaligen Wechsel im Gesundheitsstatur gekennzeichnet sind; 8 %

Betrachtet man die Verläufe von Messung zu Messung, also im Zweijahresabstand, fällt eine starke Wanderungsbewegung auf. Zwischen 18 und 33 % der Kinder wechselt von einer psychischen Störung zur Unauffälligkeit. Das scheint die natürliche Entwicklung zu sein. Demnach stellt sich die Frage, welche Bedingungen vorherrschen müssen, damit eine stabil fortlaufende psychische Störung eintritt. Als entscheidend erweist hier die psychische Gesundheit der Mutter.

Kommentar
Die Studie verweist darauf, dass psychische Störungen nicht aus sich selbst heraus überdauern. Vielmehr ist eine gewisse Tendenz „zur Mitte“ festzustellen. Es bedarf also einer wahrscheinlich recht aktiven neuen Kraft damit die psychische Störung verharrt.

Literatur
Supke, M., Ferling, C., Hahlweg, K., & Schulz, W. (2021). Persistence and course of mental health problems from childhood into adolescence: results of a 10-year longitudinal study. BMC psychology, 9(1), 1-11.