Dezember /

06

/ 2018

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Wie wirken Belohnungen auf Jungen mit ADHS und einer Störung des Sozialverhaltens?

lauth

Wie wirken Belohnungen auf Jungen mit ADHS und einer Störung des Sozialverhaltens?
Jungen mit Aufmerksamkeitsstörungen und zusätzlichen sozialen Auffälligkeiten sind oftmals schwer zu beeinflussen. Oft entsteht der Eindruck, dass Zuwendung, Lächeln oder Blickkontakt nicht wirksam sind. Eine Studie Aachener Kliniker und Psychologen hat die Wirkung von Belohnung genauer unter die Lupe genommen. Ihre Ergebnisse zeigen, dass auch diese Kinder auf soziale Belohnung ansprechen.
Kinder mit der Diagnose ADHS reagieren sehr gut auf soziale Belohnungen. Wie ist es aber, wenn zusätzlich eine Störung des Sozialverhaltens vorliegt? Hierüber hat die Forschung bisher wenig zu sagen, eigentlich erstaunlich, weil soziale Verstärkung eine so große Rolle in der Erziehung spielt. Die Arbeitsgruppe um Dr. Vloet vom Universitätsklinikum Aachen untersuchte 34 Jungen zwischen 8 und 12 Jahren – die Hälfte davon war störungsfrei, die andere Hälfte wies eine Hyperkinetische Störung des Sozialverhaltens auf (F90.1). Die Kinder bearbeiteten eine Go/NoGo Aufgabe am Computer, bei der sie auf die Buchstaben A bis E (des Alphabets) mit Tastendruck reagieren sollten (Go-Aufgabe – reagieren); sie sollten eine Reaktion hingegen unterdrücken, wenn ein X auf dem Bildschirm erschien (NoGo Aufgabe – Inhibition). Die Kinder sollten so schnell und so fehlerfrei wie möglich reagieren.
Die Aufgabe gliederte sich in zwei Blöcke. Im ersten Block gab es keine Belohnungen, im zweiten Block wurde zu gleichen Teilen sowohl sozial als auch monetär belohnt. Als positive soziale Verstärker dienten freundliche Gesichtsausdrücke von menschlichen (fremden) Gesichtern, während nach Inhibitionsfehlern ein neutraler Gesichtsausdruck gezeigt wurde. Bei der monitären Belohnung wurden hingegen richtige Reaktionen mit Geld verstärkt, dargestellt mittels Geldbörse mit 50 Cent Inhalt vs. einer leeren Börse bei Inhibitionsfehlern. Unabhängig von der Leistung gewannen alle Teilnehmer 3 Euro, obwohl sie vorher instruiert wurden, dass eine bessere Leistung zu einem größeren Geldgewinn führen sollte.
Ergebnis: Beide Gruppen verbesserten ihre Inhibitionsleistungen, wenn sie dafür in der geschilderten Weise belohnt wurden. Soziale und monetäre Belohnung waren also wirksam, wobei die monetäre Belohnung ein Stück überlegen war. Die Jungen mit einer Hyperkinetischen Störung des Sozialverhaltens sprachen auf die soziale Rückmeldung an. Sie sind also nicht – wie so oft vermutet – dafür unempfänglich.
Kommentar: Kinder mit einer Hyperkinetischen Störung des Sozialverhaltens lassen sich im Alltag oft nur wenig von sozialen Rückmeldungen beeinflussen. Dennoch wird in der vorliegenden Grundlagenuntersuchung eine unverstellte Ansprechbarkeit deutlich.
In der Therapie muss ihre soziale Ansprechbarkeit aber erst wieder geweckt werden, beispielsweise indem die Beziehung der Kinder zu ihren Eltern / Lehrern verbessert wird (etwa mit Hilfe der positiven Spielzeit) und die Eltern / Lehrer zu positiver und belohnender Anleitung anhalten werden. Bevorzugt bestrafende „Anleitung“ wird in der Therapie hingegen möglichst unterbunden.
Quelle: Vloet; T.D., Konrad, K., Herpertz-Dahlmann, B., Kohls, G. (2011). Der Einfluss sozialer und monetärer Belohnungen auf die Inhibitionsfähigkeit von Jungen mit hyperkinetischer Störung des Sozialverhaltens. Zeitschrift für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie, 39 (5), 341-349.